Französisch Duschen, ein Abenteuer in Colmar
[picasaView album=’ADR2005′ directview]Das Französische Duschen hat seinen Namen davon, daß
1. es in Frankreich gemacht wird.
2. man es in Frankreich mit 2 hübschen Französinnen macht.
Allerdings musste ich mir diesen Genuß etwas mühsam erarbeiten:
Eigentlich wollte ich nur mit Steffen H. und den Gsi-Bergern Jack, Andi und Konsorten an den Anneau du Rhin fahren, um mal wieder die Knieschleifer kräftig in den elsässischen Asphalt zu drücken. Die erste organisatorische Schwierigkeit für mich war es, ein passendes Ringgefährt zu finden, da meine Monster doch etwas länger in der Werkstatt stand, um die bevorzugte 14/39 Sekundärverzahnung zu bekommen. Auf einen Tipp von Hannes D. hin fragte ich doch beim Veranstalter direkt nach, ob der auch was verleihe, und nach einem kurzen Telefonat wurde mir eine CBR600RR als „Ringgefährte“ versprochen.
Die Hinfahrt am Freitag, den 20.Mai 2005 verlief ereignislos; Das Hotel wurde gleich gefunden, und wir trafen uns mit den anderen aus Österreich um die professionelle Gastronomie in Breisach mit plötzlich sehr reduzierter Essensauswahl ab 22:00 Uhr anzutesten. Dienstleistungsgewerbe als Insel der Seligen auf dem Stand der 60er 70er Jahre, als man als Kunde noch Bittsteller war. Die Besucherzielgruppe der Region scheint eindeutig aus jenem Erdzeitalter zu stammen, für die dieser Nicht-Service normal zu sein scheint.
Leider empfing uns der Samstag mit dem schlechtesten Szenario, das sich ein Ringfahrer vorstellen kann: Regen.
Leicht angespannt fuhren wir an die Boxen, wo ich mir gleich meine CBR abholte. Fasziniert betrachtete ich mit Steffen zwei identische CBR1000RR in original Honda-Repsol Werk-Kriegsbemalung. Die stolzen Besitzer, ein in Ehren ergrautes Weiskopfadlerpärchen mit langen Kopffedern um die 50, rundeten das ganze Bild mit ihren Original Dainese Repsol Werkslederkombinationen ab. Nach kurzen Erläuterungen des freundlichen Veranstalters erhielt ich eine quasi nagelneue CBR mit gerade mal 800km auf dem Tacho. Der Blick auf die mir unbekannten Dunlop D213 (oder waren es 218?) verschaffte mir leichtes Unbehagen. Ein mir unbekanntes Motorrad, mir vollkommen unbekannte Reifen in einem mir bei Regen unbekannten Gelände ließ meine Skepsis die Stirn in ein Waschbrett aus Sorgenfalten legen. Meine sehr offensichtliche Mimik wurde dann auch sehr richtig gedeutet und mit einem „..die Reife sinn subbe“ leicht geglättet. Mit den freundlichen Worten: „Benutze sie als wäre es deine eigene“ übergab mir der freundliche Herr die Schlüssel. Wie er das wohl gemeint hat? Weiß er, wie ich mit meinen Dingen umgehe? Nun gut, meine Putzschwäche fällt wohl bei 2 Tagen Gebrauch nicht so sehr ins Gewicht. Wir bereiteten die Motorräder auf Ringbetrieb vor: Blinker und Scheinwerfer abkleben, Spiegel abmontieren und zur Lautstärkemessung. Nach der Gruppeneinteilung wurde unser erster Turn im Regen gefahren, was mich dazu veranlasste, doch die Regenkombi überzustreifen.
Ich war überrascht, wie schräg man doch auch im Regen um die Kurve fahren kann, solange man einen weichen gefühlvollen Fahrstil pflegt. Die nächsten zwei Turns trocknete der Belag entlang der Ideallinie dann immer mehr auf und es ging etwas flotter voran.
Nachdem ich meine erste Scheu verloren hatte, bekam ich dann doch tatsächlich die ersten Probleme mit diesem kleinen hochtourigen Hubraumzwerg. Da ich als Freund der Zweizylindrigen und somit maximal 4 Stelligen Drehzahlen anfangs große Scheu hatte, den Motor höher zu drehen, verlor ich plötzlich am Kurvenausgang den Kontakt zum Vordermann, und das obwohl ich schon sensationelle 8000 Umdrehungen/Minute drauf hatte!
Ich molk wie ein Reckturner den Gasgriff, aber anstelle einer aufjaulenden Kuh hatte ich einen zahmen, leise winselnden Ochsen aus dem Streichelzoo unter mir. Spontan überkam mich der rettende Einfall: Ich muß zurückschalten! Ein kurzer Tipper auf den Schalthebel änderte schon etwas: Der Zeiger des Drehzahlmessers schnellte etwas hoch, und das Betriebsgeräusch wurde geringfügig lauter. Das Entschwinden der hurtig Vorausfahrenden wurde aber dadurch leider nicht aufgehalten. Ein nochmaliges Steppen auf den Ganghebel, natürlich ohne Kupplung, wie es sich für einen Möchtegernrennfahrer gehört, hauchte dem zahmen Ochsen mit einem kurzen Ruck plötzlich neue Fortpflanzungsorgane ein und kommentierte den Vorgang mit einem zufriedenen leicht zornigen, heißeren Brüllen. Der Blick auf den Drehzahlmesser zeigte bereits 13Tausend Umdrehungen der Kurbelwelle pro Minute an und es stellte sich erstmals der Eindruck von richtiger Beschleunigung ein. Na bitte, geht doch!
Angespornt von der kernigen Rückmeldung des wieder „erstierten“ Hubraumzwergenochses steppte ich nochmals einen Gang runter – selbstredend ohne Kupplung – und hatte als Quittung für mein räudiges Verhalten schlagartig mit einem hochgelupften Vorderrad zu kämpfen, kommentiert von einem roten schnell blinkenden Warnlicht am Drehzahlmesser, welches mir einen Gangwechsel sofort sehr nahe legte. „Wau!“, dachte ich mir, „so muss man die Sau äh Ochs, also drehen, dann geht ja wirklich was weiter!“ Da ich unheimlich spät bremste, was ja wegen der auftrocknenden Fahrbahn immer besser klappte, kam ich kurz vor dem Ziel wieder an die Gruppe ran, und konnte mir ein zufriedenes „Muh“ unter dem Helm nicht verkneifen. Jetzt ging es immer flotter voran und ich experimentierte fleißig an der Gangschaltung rum, da ich mit solchen Hochdrehzahlkonzepten absolut keine Routine hatte. Ich brauche natürlich nicht zu erwähnen, dass ich dabei abermals ein paar Mal leicht den Anschluß verlor, denn so eine falsche Gangwahl vor der Kurve mit einem Hubraumzwerg kann schon ärgerlich sein.
Aber spätestens nach 2 Anbremszonen war das Problem wieder erledigt, und merkte mir die Kurve eben für einen niedrigeren Gang vor. Dann war plötzlich Mittag. Ich konnte mich dann noch gut erinnern, wie wir ein Flammküchle aßen, und die Gsiberger auf Besuch kamen und ein paar Fotos schossen. [Schnitt]
Ich liege in einem weißen Zimmer auf dem Rücken und fühle mich wie in einem Traum im Traum, aus dem ich langsam aufwache, aber immer noch in der Unwirklichkeit gefangen bin. Es ist als ob sich mein Geist, meine Gedanken langsam wieder mit meinem Körper zu synchronisieren beginnt, nur fehlt es mir noch an einer sinnvollen Erklärung, und irgendwie warte ich wohl einfach darauf, endlich zu Hause in meinem Bett aufzuwachen. Ich sehe zu meiner Rechten Seite den Kopf von Barbara und dahinter den von Steffen. Irgendwie ist mir das dann doch zu real, und ich beginne die beiden Gestalten anzusprechen. Folgender Dialog wurde aus den Aussagen der beiden wieder hergestellt, ich kann mich fast an gar nix mehr errinnern.
Ich: W-W-Wo bin ich?
S/B: In Colmar.
Ich: Was haben wir gemacht?
S: Motorrad Fahren
Ich: Wie sind wir hier hergekommen?
S: Mit dem Bus
Ich: Wer ist gefahren?
S: Ja du!
Ich: Zu zweit?
S: Nein Brabra war auch dabei
Ich: Was ist passiert?
S: Du hast einen Highsider gehabt
Ich: Mit dem Motorrad?
S: Jaaa!
Ich: Und? Hoher Luftstand?
S: Ja, soweit ich das sehen konnte.
Dieser obige Dialog erlangte eine 3malige Wiederholung, wobei meine Fragen fast immer in der gleichen Reihenfolge kamen. Nachdenklich stimmt mich meine letzte Frage, wo es mir wohl im Delirium noch unheimlich wichtig gewesen sein muss, wenigstens einen spektakulären Abgang gemacht zu haben.
Ich habe dann noch mit meiner Freundin und meinen Eltern telefoniert, oder besser gesagt, Steffen hat angerufen und mir den Hörer hingehalten, und habe erzählt, dass es mir gut geht, und dass alles in Ordnung sei. Auch da muss ich wohl gewisse Dinge mehrmals gefragt haben, keine Ahnung ich weiß eh nix mehr davon.
Auch eine Krankenschwester soll ich durch eine unflätige Bemerkung wieder verscheucht haben. Zum Glück weiß ich von nix.
Dann kam die Bestandsaufnahme:
Schlüsselbein: Trümmerbruch, Ellbogen: Gelenksprellung mit dickem
Schleimbeutel, Rippenprellung links, Prellung der rechten Hand und eine
schwere Gehirnerschütterung mit einer leichten Gehirnblutung.
Barbara erzählte mir, dass ich schon beim CT (Computertomographie) war, und dass alles nicht so schlimm sei. Ich bedankte mich noch fürs Mitkommen, entschuldigte mich für die Umstände die ich bereitet hatte und dass ich uns wohl das Wochenende kräftig versaut hätte. Zumindest gaukelt mir meine Erinnerung das vor, ob es tatsächlich stimmt, müssen die anderen sagen. Da lag ich nun wie ein hilfloser Maikäfer am Rücken und betrachtete meine rechte Hand, die so blau und angeschwollen war wie ein Winterhandschuh.
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Was nun passiert war, nochmals aus der Erzählung meines Hintermanns:
Erläuterung von Steffen, der den restlichen Teil aus naheliegenden Gründen besser in Erinnerung hat:
Die Rahmenbedingungen:
Wir waren in der „sehr schnellen“ Gruppe (also die schnellste von fünf Instruktorgruppen) unterwegs, die von Hebbe Speer auf seiner 05er GSX-R 1000 auf Michelin Pilot Power instruiert wurde. Ich hatte praktischerweise ebenso neue Pilot Power auf der R6, da ich mir diese nach dem Highsider beim Michelin Power Day am Nürburgring letztes Jahr vorausschauenderweise bereits in den passenden Dimensionen habe mitgeben lassen. Somit mußte ich mir keine Sorgen machen, ob denn die Haftung áuf nasser Strecke mit der des Instruktors vergleichbar wäre…
Der erste Turn nach dem Mittagessen war meiner Erinnerung nach noch trocken, und nach diversen Kaspereien beim Vorbeifahren am Fahrerlager begann das Tempo langsam, etwas interessanter zu werden, so daß bei der Vorbeifahrt am Fahrerlager keine Zeit mehr für lustige Foto-Posen blieb. Allerdings stellte sich heraus, daß die „sehr schnelle“ Gruppe recht stark durchmischt und, vom fahrerischen Potenzial gesehen, eher heterogen war. Aus diesem Grund stellte ich mich nach Möglichkeit bei der Vorbereitung auf den Turn mit Richie hinter mir immer direkt hinter den Instruktor, was zwei Vorteile hatte: Zum einen konnte ich mir bereits in der Warmlaufrunde die Linie in Ruhe zu Gemüte führen, zum anderen hatte ich so wenigstens eine schnelle Runde hinter dem Instruktor“ in der Tasche“. Dabei stellte sich aber auch heraus, daß es unter dieser Konstellation mit zunehmendem Tempo besonders gerne zu einem Abriß größerer Teile der Gruppe kam. Wie es geschah So auch im zweiten Turn nach dem Mittagessen, gegen 15:00. Die Einlaufrunde und die erste Hälfte der ersten schnellen Runde waren noch schön trocken, so daß es in halbwegs vernünftigem Tempo langsam interessanter wurde. Nach der Hälfte der ersten schnellen Runde setzte allerdings relativ heftiger Regen ein, was die Strecke innerhalb kurzer Zeit flächendeckend mit Wasser bedeckte. Zu meinem Erstaunen verminderte Hebbe das Tempo nur geringfügig und ich muß zugeben – obwohl ich eigentlich gar nicht so schlecht mit Regen auf der Rennstrecke zurechtkomme – daß ich es nur mit etwas Überweindung und blindem Vertrauen in den hochgelobten Pilot Power und unseren Instruktor hinbekam, keinen Abstand zwischen mir und Hebbe entstehen zu lassen. Entsprechend dem doch recht hohen Tempo für die Verhältnisse riss auch diesmal der Kontakt zur restlichen Gruppe umso mehr ab, so daß ich beim Wechsel auf der Geraden nur den direkt hinter mir fahrenden Richie vorlassen konnte, während dem Rest der Truppe die Gerade offenbar zu kurz war, um wieder aufzuschliessen. So fuhr ich nun also direkt(=ca. drei bis fünf Meter) hinter Richie her, der allerdings offensichtlich ähnliche Bedenken bezüglich der Haftung hatte, was in Verbindung mit dem ungewohnten Untersatz dazu führte, das Herbert Speer relativ zügig entschwand und Richie und ich mit relativ viel Abstand nach vorne und hinten durch den strömenden Regen über den AdR fuhren.
Am Ausgang der langezogenen Rechtskurve vor dem FlicFlac musste ich dann leider sehen, wie Richie ziemlich plötzlich ziemlich quer stand. Ich hoffte inständig, daß er den Drift irgendwie unter Kontrolle bringen würde, weil ich angesichts dieser Bewegung ziemlich genau ahnte, was ansonsten als nächstes passieren würde – zumal ich mich natürlich auch selber in Gefahr sah, da ich ja direkt, also wirklich _direkt_ hinter ihm war.
Leider erfüllte sich meine Hoffnung nicht und im nächsten Moment hatte ich angesichts dessen, was sich dort vor mir abspielte, ein Gefühl, was sich selbst durch das iinbrünstigste und kraftvollste Herausschreien eines gängigen Fäkalbegriffs nichteinmal ansatzweise ausdrücken läßt. Richie wurde vom zurückbockenden Motorrad hoch in die Luft geschleudert, und während ich zum einen voller Schock und ohnmächtiger Sorge war, waren zusätzlich alle verfügbaren Sinne und Muskelkoordinationssysteme damit beschäftigt, einen Weg zwischen Richie (den es relativ weit nach rechts katapultierte) und vor allem Richies Motorrad auf der rechten Seite und dem Streckenrand auf der linken Seite zu finden, um das Fiasko nicht durch einen Abgang meinerseits zu komplettieren. Auch, wenn mein zu diesem Zeitpunkt bis unter die Schädeldecke adrenalinisiertes Reaktionssystem voll ausgelastet war und gottseidank erfolgreich agierte, stellte ich im Augenwinkel doch fest, daß Richie, als er schräg rechts im Augenwinkel aus der Luft wieder auf dem Asphalt aufschlug, keinerlei Aktivitäten zeigte, um seine Rutschphase irgendwie zu steuern. Anders ausgedrückt: Sein Körper schlidderte mit hängenden Armen und erschlafftem Körper über den Asphalt. Auch, wenn man das normal nicht tun soll und ich das auch weiß, entschied ich mich kurzfristig, eine einigermaßen gefahrlose Stellezu suchen, bremste mein Motorrad bis zum Stillstand und drehte mich um, um nach Richie zu sehen. Es eilten sofort Streckenposten zu ihm hin, so daß ich nach einigen Sekunden des Zögerns den lauten Rufen der vorbeifahrenden Instruktoren folgte und meinen Weg zurück ins Fahrerlager ansteuerte. Dort war Barbara vermutlich recht froh, wenigstens mich zu sehen, denn Sie hatte den Knall des Highsiders bis ins Fahrerlager gehört und war davon ausgegangen, daß so ein Geräusch nicht von einem einzelnen Motorrad verursacht sein könnte – die Rückkehr der gesamtem Instruktorgruppe mit Ausnahme von Richie und mir hatte ihr wohl auch ordentlich zugesetzt. Als nächstes warteten wir einige Minuten, bis der Krankenwagen im Fahrerlager eintraf. Es war eine große Erleichterung, Richie dort drin mit offenen Augen und offensichtlich wieder bei Bewußtsein zu sehen. Offenbar hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits großen Ehrgeiz, die einheimische Sprache zu erlernen und wiederholte einige male „clavicule“ und die Übersetzung „Schlüsselbein“.
Nach einiger Zeit zum runterkommen fuhren wir dann mit dem Sprinter und schauten nach Richie in der Notaufnahme, um zu erfahren, was denn nun Stand der Dinge ist und Heike, die übrigens wenige Minuten nach dem Sturzzeitpunkt auf Richies Handy angerufen hatte, gesichtere Infos geben zu können. [Ergänzungen sonst: Der Helm ist anständig gerissen, was ja relativ selten vorkommt – und praktischerweise isses auch kein wirklich schlechter Helm gewesen…; Du hast am Sonntag morgen um 7:00 angerufen und mich vollgelabert, daß ich Deine Sachen im Zimmer zusammensuchen soll – was ich eh getan hätte, aber ich wollte an dem Morgen nach den Vorkommnissen des Vortages mal etwas ausschlafen 😉
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„Was für ein Scheiss“, dachte ich mir, „ich fahre nie mehr Motorrad, so macht das keinen Spaß“ und teilte meiner Botty gleich meinen temporär endgültigen Entschluss mit. Ich bekam ein Fläschchen Parazetamol direkt intravenös verabreicht was mir eine ruhige schmerzfreie Nacht garantieren sollte. Schmerzfrei war es in der Tat, wenn man einen schreienden Zimmerkollegen nicht ins nähere Umfeld mit einbezieht. Mit lauten, stöhnenden und langgestreckten „Serviiiiiice, Serviiiiice“ Schreien rief er die Krankenschwestern im Stundenrhythmus weil er wohl nicht fähig war den Rufknopf selbst zu drücken. Immerhin schaffte es mein schmerzgepeinigter Zimmernachbar, durch dieses sehr laute, durchdringende Rufen, dass ich sofort durch Drücken des Schwesternrufknopfes sehr gerne und sehr schnell behilflich war. Das Stöhnen wurde dann etwas leiser, und entließ mich in einen leichten, flachen einstündigen Dämmerschlaf, jederzeit Bereit bis zum nächsten Einsatz.
Zum Glück wurde ich noch vor dem Frühstück in ein anderes Zimmer verlegt. Dort war ein älterer Herr, Monsieur Bösch, welcher auch der deutschen Sprache mächtig war, und mir endlich alles übersetzen konnte, was die fröhlichen, lustig kichernden Krankenschwestern mir so alles mitteilen wollten.
Monsieur Bösch sprach mit einem alemannischen Akzent, und erklärte mir beruhigend, dass ich mir keine Sorgen machen brauche, ich wäre hier in besten Händen, und wir würden hier bestens betreut werden. Wenn der Morgen mit einem melidiösen „Bon Jour“, fein ausziseliert wie in einer Sprachschule – entschwebt aus dem Mund einer hübschen lächelnden Krankenschwester – beginnt, dann musste ich dem alten Herrn unbedingt recht geben. Dass ich dem Monsieur Bösch noch rechter geben konnte, durfte ich sogleich erfahren, als man mir zu verstehen gab, mich aus dem Bett zu erheben. Da ich noch so geschwächt und schwindelig war griffen vier sanfte Arme nach meinem schlaffen Köper und halfen mir, mich langsam und sehr vorsichtig aufzurichten. Ich fühlte mich wie besoffen ohne Alkohol und aus den vielen kichernden Französischlauten konnte ich ein „la Douche“ heraushören. „Ja, duschen wäre fein“, dachte ich mir, „geschwitzt habe ich wie ein Sizilianischer Zementmischer unter der Mittagssonne, und das Bett war auch von meinem Schweisse benetzt“
Nur wie? Ich konnte mich ja nicht mal richtig auf den Beinen halten! Herr Bösch übersetzte mir dann, dass die zwei netten hübschen Krankenschwestern jetzt mit mir unter die Dusche gehen würden. „He, ich habe 1.Klasse gebucht?“ dachte ich mir und bevor ich mich noch wundern konnte, taumelte ich schlurfend in ein geräumigesBadezimmer, und ehe ich mich versah, entledigte mich eine der Krankenschwestern meines Nachthemdes, und die andere zog meine Unterhose bis zu den Fußknöcheln herab. Zitternd stieg ich aus der am Boden liegenden, verschwitzten und ganz sicherlich auch sehr unangenehm stinkenden Unterhose. Noch bevor ich mich über den Service wundern konnte, hatte eine Krankenschwester, nein – nicht ihren Kittel ausgezogen, sondern hinter mir die Dusche in Betrieb genommen und drückte mich sanft unter den wohl temperierten Wasserstrahl. Bevor ich durch den sanften Stubser infolge meines abwesenden Gleichgewichtssinns umgekippte, stand schon auf der anderen Seite die zweite Krankenschwester und fing meine torkelnde Masse elegant und sanft ab. So stand ich wankend unter der Dusche und wurde an den Flanken von zwei netten kichernden französischen Krankenschwestern gestützt. Sofort begannen die beiden K-Schwestern mit seifegetränkten Waschlappen meinen verschwitzten Körper von der obersten Schmutzschicht zu befreien. Vom breiten Scheitel bis zu den breiten Sohlen. Dabei gingen sie äußerst penibel und exakt vor, bis zu den Zehenzwischenräumen erstreckte sich deren Arbeit. Natürlich wurde auch der Zwischenraum zwischen den beiden großen Zehen sehr sorgsam und reinlich vom Schmutz und Schweiße befreit.
Auch beim Abtrocknen der empfindlichen Körperregionen gingen Sie äußerst behutsam vor, und schon hatte ich wieder mein hinten offenes Hemdchen an und wurde langsam wieder in mein inzwischen von zwei anderen netten Französinnen frisch gemachtes Bett gebracht, flankiert und gestützt von meinen beiden Reinigungsfeen.
Dann bekam ich mein Frühstück gebracht, und da ich praktisch kein Besteck benutzen konnte (Man muss sich das ähnlich vorstellen wie benebeltes, einhändiges Frühstücken mit Winterhandschuh, also nicht wirklich ideal für feinmotorische Spiele) wurden mir auch gleich noch die Brötchen aufgeschnitten und mit Butter und Marmelade belegt und in mundgerechte kleine Stückchen aufgeteilt. Das war ja mal ein netter Serviiiiice! Mein Stolz gebot aber Einhalt, als die nette Französin mich sogar noch Füttern wollte, und lächelnd griff ich demonstrativ selbst nach dem aufgeschnittenen Brötchen. Leider scheiterte ich kläglich beim Versuch aus der Kaffeetasse zu trinken, denn es gelang mir einfach nicht, meinen schmerzenden kaum biegbaren Zeigefinger der rechten Hand durch das Nadelöhr des Tassenhenkels zu fädeln. Lächelnd brachte mir meine Kammerzofe eine passende Ersatztasse, die es mir ermöglichte entspannt den Morgenkaffee zu trinken. Soweit man das entspannt nennen kann, im Bett liegend aus einer Plastik-Schnabeltasse zu trinken.
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Um 10 Uhr kam dann meine süße Botty auf Besuch, was mich sehr gefreut hat, und blieb noch den Tag über bei mir. Steffen, Barbara und Jack besuchten mich und nahmen dann noch meine Kombi und meine Brille mit. Und so verbrachte ich dann die Tage bis Mittwoch in diesem Krankenhaus in Colmar, und freute mich auf jeden Morgen, als ich mit einem sanften zarten „Bon Jour“ fein ausziseliert wie in einer Sprachschule – entschwebt aus dem Mund einer hübschen lächelnden Krankenschwester – geweckt wurde. Der Mittwoch Morgen begann dann schon um 5 Uhr, als ich lautes Geknatter von draußen vernahm. Die Geräusche klangen irgendwie nach Hubschrauber und Maschinengewehrsalven. Die Kriegsgeräusche wurden dann immer lauter und ein paar Militärhubschrauber flogen knapp übers Krankenhaus hinweg, unterstützt vom entfernten Maschinengewehrgeknatter. Irgendwie fühlte ich mich in eine Filmszene aus einem beliebigen Vietnamfilm versetzt: Ich im Feldlazarett und im Hintergrund coole Musik von Jimmy Hendrix. Ein Truppenübungsplatz ganz in der Nähe eines zivilen Krankenhauses! Man erzählte mir, dass da wohl die Fremdenlegion wohl für irgendwelche Terroreinsätze üben würde. Der Arbeitersamariterbund holte mich dann ab und brachte mich in die BG-Klinik nach Frankfurt, wo ich um 24:00 Uhr abends von der kräftigen Nachtschwester Erna empfangen wurde. Diese für mich plötzlich sehr deutsche, zackige, doch irgendwie freundliche, aber keine Widersprüche duldende Härte in der Stimme, vor der sogar der Unfallchirurg spurte, verpasste mir fast einen Kulturschock. Aber egal, ich war fast wieder zu Hause, hatte nur eine Nacht und eine Tagschwester zu Gesicht bekommen, und eine kleine quadratische Putzfrau mit obligatem Kopftuch und Infinitiv-Sprache nahm sogleich das Essensgeschirr wieder mit. Der Personalaufwand war in Frankfurt um den Faktor 4 geringer als in Frankreich und die optische Eleganz der Putzfrau ähnlich des Leipziger Völkerschlachtdenkmals motivierte mich äußerst flott den ersten eigenen Duschversuch zu starten. Am Freitag wurde ich dann nachmittags nach erfolgreichem EEG wieder aus dem Krankenhaus BG Unfallklinik entlassen. Meine Monster harrt jetzt immer noch beim Händler, im Gegensatz zu mir aber unversehrt, und wartet schon längst mit frischem Serviiiiice auf meine Abholung.